Ich komm ja zurück

Erst führte Gott sie aus dunklen Zeiten, dann hinein in den Buchladen des LZA und nun in den Ruhestand. Wobei Ruhestand hier sicher ein dehnbarer Begriff ist. Sr. Irmgard Schurz blickt zurück und schaut nach vorn. Und sie meint: Es kann nur gut werden, wenn Jesus die Fäden zieht.

 

 

1997.Gibt es für mich überhaupt noch einen Platz in Adelshofen? Solche und ähnliche Gedanken bewegten mich. Ich steckte in einer schweren Lebenskrise und Erschöpfungsdepression. Diese harte Zeit verbrachte ich in einer kleinen Schwesternschaft in der Schweiz. Hinter mir lagen einige Monate mit fachärztlicher Begleitung. Wie sollte denn nur der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben gelingen?

Neben all den Sorgen und zweifelnden Gedanken kam ganz zaghaft der Wunsch in mir auf: könnte ich nicht vielleicht in unserer Bücherstube mitarbeiten? Diesen Wunsch machte ich zum täglichen Gebet. Eines Tages besuchte mich unsere damals leitende Schwester und sagte: „Wir vom Leitungsteam könnten uns vorstellen, dass du im Buchladen mitarbeitest, wäre das etwas für dich?“ Das war eine direkte Berufung Gottes für mich nach dieser schweren Wegstrecke. Was für eine wunderbare Ermutigung! „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Jeremia 29,11“. Ich konnte nur staunen, dass Gott damit eine ganz neue Seite in meinem Lebensbuch aufgeschlagen hatte. Seitdem sind 24 Jahre vergangen. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich nochmals so eine schöne und reiche Zeit erleben würde.

 

Ich stehe voll auf Bücher

Ich kaufe schon immer gerne ein. Das konnte ich nun genügend machen. Im Frühjahr und Sommer bei den Vertreterbesuchen, auf der Buchmesse, im ganz normalen Alltag. Besonders schön war es für mich, wenn die druckfrischen Broschüren von den Verlagen ins Haus kamen und ich mir ein Bild machen konnte von den brandneuen Büchern. Es hat mir und meinen Kolleginnen viel Spaß gemacht, in den Katalogen zu stöbern und beim Vertreterbesuch einzukaufen. Später merkten wir, dass Jesus uns bei der Auswahl geführt hatte. Schon immer habe ich gerne gelesen, als Kind oft mit Taschenlampe. Meine Eltern sollten nicht merken, dass ich immer noch nicht schlief. In meinem Bücherstubenjob konnte ich nun grenzenlos lesen! So wurde es für mich zum schönen und täglichen Ritual, abends vor dem Schlafengehen noch in einem Buch zu lesen. Ich lernte die Bücher zu verschiedenen Themen kennen, um sie dann auch Kunden empfehlen zu können.

 

Genau das richtige Lied

„Ich suche etwas für meine schwer kranke Freundin…“, sagt mir eine Kundin. Mir fällt ein Lied von Udo Zimmermann ein, das mir selbst zum Lebensbegleiter geworden ist: „Ich bin bei dir, keinen Augenblick bist du allein, vertraue mir, dann kehrt bei dir bald Ruhe ein. Wirf zu mir her, was dich beschwert und was dich lähmt, ich bin dein Gott, der dich und deine Nöte kennt…“. Ich spiele das Lied vor – „Die nehme ich…“, sagte die Kundin ganz schnell. Wir hatten beide den Eindruck, dass es genau das Richtige ist, was ihre Freundin brauchte. Später erfahre ich, dass die sterbende Freundin das Lied noch hörte und „himmlisch“ sagte. Kurz darauf ging sie heim zu ihrem Herrn. Nicht immer erfuhr ich, wie Empfehlungen von mir ankamen. Aber ich vertraue darauf, dass Jesus die vielen Bücher und Tonträger gebraucht hat, um Menschen zu erfreuen, aufzurichten, und zu segnen. Es lag mir sehr am Herzen, herauszufinden, was Menschen wirklich brauchen. Darin erlebte ich oft Gottes konkrete Führung.

 

Immer auf Empfang

Die beiden Kindertage im Frühjahr, die Oasentage für Frauen und unsere Kommunitätsfeier im November gehörten zu den größten Veranstaltungen in unserem Haus. Schon Wochen vorher machte ich mir Gedanken, was an diesen Tagen empfohlen werden soll. Wie viele Büchertische soll ich vorbereiten? Was muss ich noch alles bestellen? Am Tag selbst quoll unsere Bücherstube in den Pausen oft über. Wie gut, dass wir ein eingespieltes Team waren und auch Freunde von außerhalb uns immer wieder unter die Arme griffen. Es war so schön für mich, wenn Freunde vom Dorf und der Umgebung in den Buchladen kamen und wir gemeinsam etwas Passendes gefunden haben. Wir hatten in unserem Laden extra eine kleine Spielzeugkasse für Kinder, so waren diese beschäftigt und die Mütter konnten sich in Ruhe umschauen. Bei Freizeiten kamen oft dieselben Kinder wieder ins Haus und so entwickelten sich über die Jahre schöne Freundschaften. Aber auch die Hausgemeinschaft kauft ja bei uns ein. Es gab unzählige Begegnungen mit unseren Studierenden, die oft kamen und sagten: „Sr. Irmgard, ich muss jetzt mal eine Studier-Pause einlegen“. Mir lag es immer am Herzen, ein offenes Ohr für jeden zu haben. Egal, ob sie oder er etwas kaufte oder nicht.

 

Ein neuer Lebensabschnitt

Ich fühle mich mit diesem wunderbaren Arbeitsplatz, an den Jesus mich für 24 Jahre berief, von ihm reich beschenkt. Und da ich nun das Rentenalter erreicht habe, gebe ich die Verantwortung mit einem lachendenden und weinenden Auge in andere Hände. Ab September 2022 bin ich dann mal weg. Aus dem Laden und auch aus dem Zentrum. Aber nur für einen „Moment“, natürlich. Nach einer kleinen Auszeit komme ich Anfang Januar 2023 wieder zurück ins Lebenszentrum. Und bin dann mal wieder da! Und ich bin gespannt, was alles auf mich zukommen wird, wenn Jesus eine weitere Seite in meinem Lebensbuch umblättert.

 

 

Sr. Irmgard Schurz ist gelernte Krankenschwester und Kunsttherapeutin, durchlief das Jahresteam und Theologische Seminar im Haus, gehört seit 1985 zur Kommunität, liebt bunte Farben und ist begeistert von Trödelmärkten.