Das passt gut zusammen

Der eine kam, als der andere nicht da war. Jürgen Schulz übernahm die Leitung des Theologischen Seminars genau zu der Zeit, als Raymond Albuschies im Auslandspraktikum war. Anschließend saßen sie zusammen und haben über Rays Eindrücke gesprochen, darüber, welche Einsichten er gewonnen hat und nicht zuletzt natürlich auch über das, was er draus machen wird.

 

 

Raymond, du bist für dein Praktikum in die bunte Welt Kenias eingetaucht und bist dort aufgeblüht. Was hat dich an deinem Praktikum so fasziniert?

Durch die Begegnung mit ganz unterschiedlichen Menschen durfte ich erleben, wie Gott mich beruft. Seitdem ich Christ geworden bin, beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage, ob ich irgendwann irgendwo ins Ausland gehen soll. Letztlich hat es sich dann einfach ergeben, dass ich bei Diguna (Die Gute Nachricht für Afrika) in Kenia gelandet bin. Nicht nur die Zeit dort hat mich fasziniert, sondern auch der Weg dahin, die Berufung.

 

Das klingt so unspektakulär, so normal. Berufung, passiert das denn einfach so?

Ja, fast jedenfalls. Eine Mitarbeiterin von Diguna war mal bei einem unserer „Glaube Global“- Donnerstagabende und hat ihre Arbeit vorgestellt. Und wie gesagt, ich war auf der Suche nach Antworten und Möglichkeiten. Die Chance, Missionsarbeit im Ausland kennenzulernen, wollte ich mir da natürlich nicht entgehen lassen. Für acht Wochen in ein anderes Land und eine andere Kultur eintauchen zu können, das hat mich gereizt. So oft ergeben sich solche Gelegenheiten auch nicht.

 

Und wie wars denn dann so, es gab doch sicher nicht nur eitel Sonnenschein?

Das Essen. Ich war voll frustriert und ich hätte niemals gedacht, dass das mal ein Problem für mich sein könnte. Die Küche ist halt nicht Deutsch. Und wenn man europäisches Essen haben wollte, musste man erstmal in die Stadt reisen. Und ich wohnte in einem Dorf. Echt nicht so einfach. Ich hatte mich als einen recht einfachen Typen eingeschätzt, der damit gut klarkommt. Aber dem war nicht so. Es gab auch eine Phase, in der ich meine Heimat sehr vermisst habe. Ich fühlte mich in Kenia überflüssig und fehl am Platz, das war wirklich nicht immer leicht.

 

Und was hat dich in dieser Zeit ermutigt?

Das, was mich auch frustriert hat: alles neu, alles anders. Die Kultur, die Sprache, der Straßenverkehr, neue Freiheiten, Motorradfahren ohne Helm und so ein Kram. Aber vor allem hat mich ermutigt: Bibel lesen und das Wissen, dass Gott mich hierhergeführt hat. Das war auch mega schön.

 

Was nimmst du als Fazit aus diesem Wechselbad der Gefühle mit?

Es war eine lebensprägende Erfahrung, eine extreme Horizonterweiterung. Und ich bin dankbar in Deutschland zu sein.

 

Warum?

Die Korruption in Kenia ist schockierend. Wenn du in einer Polizeikontrolle erst mal bestechen musst, um weiterfahren zu können, ist das eine ganz neue Herausforderung. Es gibt da echt viele Probleme, auch in der Missionsarbeit, die lassen sich nicht mal so eben abstellen oder beheben.

 

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Besonders wichtig war mir meine eigene Stille Zeit, meine Zeit mit Gott. Und das Wissen, dass Gott mich hierhergeführt hat. Dass die Abstimmungen mit der Missionsgesellschaft und dem TSA so gut geklappt haben, waren nicht selbstverständlich. Und dann haben die Finanzen auch noch ausgereicht. Das waren für mich schöne Bestätigungen in denen ich sah, dass Gott mich nach Kenia geführt hat.

 

Wie hast du Mission vor Ort erlebt?

Mission ist Teamarbeit. Und: Mission ist in einem gewissen Sinne einfach. Ich habe begonnen mich mit einem Mann (Shellow) vor Ort zum Bibellesen zu treffen. Durch diese Treffen habe auch ich persönlich enorm viel gelernt. Ich merkte, dass Gott mich für diese zwei Monate hier haben wollte. Da wollte Gott mich gebrauchen, und das habe ich beim Bibellesen mit Shellow am intensivsten gemerkt.

 

Du hast dein Studium am TSA aufgenommen, weil dich Mission schon lange begeistert. Wie hat sich das Praktikum auf deine Lebensperspektive ausgewirkt?

Mein Anliegen wurde noch mal bestätigt. Die Nöte und Herausforderungen haben mir die Bedeutung von Mission noch bestärkt. Dabei ist mir persönlich aber klar geworden, dass ich nicht in Kenia arbeiten möchte, sondern in Deutschland bleiben will. Mein Gebet ist: „Gott, ich verstehe dich so, dass ich in Deutschland bleiben soll. Aber ich halte die Tür offen auch ins Ausland zu gehen, wenn du mich raus rufst.“

 

Welche Bedeutung hat das Studium am TSA für deine Vision, Gott auf dem Missionsfeld zu dienen?

Ich habe hier am TSA die Möglichkeit, meine Stärken und Schwächen herauszufinden. Was liegt mir mega am Herzen? Hier kann ich sowohl theoretisch die Dinge durchdenken, als auch praktisch ausprobieren.

 

Wir kombinieren ja Berufsausbildung und Studium. Aus der Sicht eines Studierenden: Wie gelingt uns die Integration von Theorie und Praxis am TSA?

Das passt gut zusammen. Was ich hier lerne, kann ich im Leben anwenden. Wir reflektieren die Gemeinde- und Praktikumserfahrungen und werten unsere Kompetenzen aus. Hier sehe ich, dass der Glaube relevant ist für den Alltag. Ich habe ja zum Beispiel mit Shellow den Römerbrief gelesen. Der Gedanke, dass Menschen Segen und Fluch erleben, hat ihn tief bewegt. Bei einem unserer Treffen fragte er mich: „Verflucht Gott Menschen?“ In seiner Kultur, die geprägt ist vom Animismus, eine hochrelevante Frage…

 

Und was hast du geantwortet?

Ich habe ihn auf Jesus verwiesen. Jesus hat für uns den Fluch getragen. Ich habe dann mit ihm über Galater 3 geredet. Die gute Nachricht ist ja, dass Jesus letztlich die Macht eines jeden Fluchs bricht.

 

Zum Abschluss: Unter welchen Umständen blühst du auf, Raymond?

Ich liebe es einfach, Erkenntnis aus der Bibel zu ziehen. Meine Stille Zeit ist ein absoluter Kraftquell. Ich liebe es, wenn Gott mir immer wieder Neues zeigt. Ich arbeite mich jetzt schon fast anderthalb Jahre an der Josephsgeschichte ab. Und ich entdecke immer wieder was Neues. Die Geschichte passt total super hier nach Adelshofen…

 

Das musst du jetzt aber doch noch mal näher erklären.

Ich liebe Seelsorge. Seelsorge prägt das Studium und Leben in Adelshofen. Die Stille Zeit ist die unmittelbare Seelsorge von Jesus an meinem Herzen und das merke ich immer wieder. Gott spricht und zeigt mir, wie absolut relevant seine Worte für meinen Alltag sind, die ich mir dann zum Gebet mache. Und die Josephsgeschichte zeigt, wie Gott sich um die Seele von Joseph und vielen anderen sorgt. Und natürlich auch um mich. Wie soll man da nicht aufblühen?

 

Vielen Dank für das Gespräch Ray, und dir weiterhin viele gute Erlebnisse mit Gott.

 

 

Jürgen Schulz, verheiratet mit Lydia und Vater von vier Kindern, ist Rektor des Theologischen Seminars Adelshofen. Er hat eine tiefe Liebe zur Gemeinde, eine Leidenschaft für das Alte Testament, befindet sich mitten in der Promotion, und meint: Geht nicht, gibt’s nicht.  

 

Raymond Albuschies ist 24 und seit 2021 am TSA. Er ist in einer christlichen Familie aufgewachsen und das Jüngste von vier Kindern. Ray ist seit 11 Jahren lebendig mit Jesus unterwegs, hat seitdem das Ziel, in den vollzeitlichen Dienst zu gehen und liebt Motorräder und Menschen.