Sister Act am TSA

Welche Gedanken, Überraschungen, Fragen und Entscheidungen Sr. Meikes Weg am LZA kreuzten? Vom Jahresteam, durchs TSA, bis hinein in die Kommi, wie sie sie liebevoll nennt? Da war jedenfalls ganz schön was geboten. Lesen Sie selbst!

 

 

Ich bin eine von den EM’ern. 2002-2004 studierte ich am Theologischen Seminar. Ein Jahr vorher hatte ich mein Noviziat in der Kommunität begonnen. Als gelernte Krankenschwester gab es für mich im Haus nicht so direkt ein Einsatzgebiet, also hab´ ich mich sehr gefreut, dass ich die komplette Ausbildung am TSA machen durfte. Das war eher eine pragmatische Entscheidung. Meine Berufung galt und gilt nach wie vor primär dem kommunitären Leben.

 

Alles nicht ganz unproblematisch

Wir waren ein sehr großer Jahrgang, sind mit 30 Leuten gestartet, viele starke Einzelpersönlichkeiten. Ich denke, das muss man ein Stück weit auch sein, wenn man in den hauptamtlichen Dienst gehen, eine Jugendarbeit oder Gemeinde leiten möchte. Typmäßig waren wir aber sehr verschieden und das war nicht unproblematisch. Da gab es zum einen Systemkonflikte. Studierende haben Abläufe und Regeln am LZA massiv hinterfragt, was mich als Teil des LZA in einen Loyalitätskonflikt brachte.

Es fiel mir auch nicht leicht, mich morgens als Studierende von den dozierenden Brüdern beurteilen und benoten zu lassen und mittags dann auf Geschwisterebene zusammenzukommen. Die Rollen auseinanderzuhalten, sich immer wieder klarzumachen, dass meine Leistung und nicht ich als Person bewertet werde, ist mir nicht so gut gelungen. Jahrgangsintern habe ich mich auch oft verglichen: Die ist viel cooler, viel geeigneter für Teeniearbeit, oder jener kann theologische Texte viel schneller erfassen, der ist geeigneter für Lehre und ein dritter steht jeden Morgen viel früher auf als ich zum Bibellesen, ist viel geistlicher. Das hat dazu geführt, dass ich mich im Studium manchmal fehl am Platz, unwohl gefühlt habe. Jahrgangsgemeinschaft? Da hatte ich resigniert, bis zu meiner Einsegnung als Schwester der Kommunität 2004. Wir waren mittlerweile schon im 3.Studienjahr und da wurde ich wirklich überrascht: Der Jahrgang hatte sich eine total kreative Aktion ausgedacht, meinen Corsa im Kommunitäts-Outfit gestaltet, einen Autokorso organisiert. Da habe ich gemerkt, dass ich ihnen nicht egal bin. Das gab mir auch Mut, mich wieder einzubringen.

 

Eigenes Standing gefunden

Ein zweites, was mich ermutigt hat, waren die verschiedenen Praktika bei Freizeiten oder in der Gemeinde. Da konnte ich mich ohne Vergleiche ausprobieren und ich habe erlebt, dass meine Arbeit geschätzt wird, dass es Stellen gibt, an die genau ich passe, dass es sinnvoll ist, was ich tue. Dieser hohe Praxisanteil als Kennzeichen der Ausbildung am TSA halte ich deshalb für unverzichtbar! Gerade nach dem halbjährigen Praktikum erlebte ich unsere Klassengemeinschaft verändert und viel positiver. Vermutlich kam es daher, dass jeder einen eigenen Stand gefunden hatte, seine Gaben und Grenzen deutlicher erfahren hatte, mutiger und barmherziger geworden war. Heute – 20 Jahre später! – freue ich mich immer sehr, wenn jemand aus „meinem“ Jahrgang hier aufkreuzt oder sonst von sich hören lässt. Sehr viele von uns leisten tolle Arbeit an verschiedenen Orten: Auslandsmission, Brennpunktarbeit, frei- & landeskirchliche Gemeindearbeit, sozialpädagogisch akzentuierte Angebote. Vielfältig eben, wie wir es waren und sind.

 

Mein Herz schlägt für die Vielfalt

In meinen Einsätzen nach dem Studium am TSA, in der Gemeinde Oberbaldingen oder als Jahresteamleitung habe ich dann erfahren dürfen, dass mich die Ausbildung wirklich gut zugerüstet hat für Herausforderungen verschiedener Art. 2013 habe ich dann ja nochmal ein Theologiestudium an der Universität begonnen, um als Dozentin am TSA einsteigen zu können. Auch das war mehr Ergebnis rationaler Überlegungen als göttliche Berufung. Das Setting dort- ein komplett anderes. Man studiert nicht als Klassengemeinschaft, jeder wählt seine Schwerpunkte und sein Tempo selbst. Gemeinschaft entsteht vor allem auf Basis von Sympathie, weil man theologisch ähnlich tickt, den Stil eines Profs mag, oder in der Mensa oder Bibliothek den Tisch teilt. Vieles in diesem Studium hat mich bereichert: tiefer einzusteigen, einen pointierten dogmatischen Entwurf zu studieren, Quellentexte der Kirchengeschichte zu lesen, Bibeltexte in den Ursprachen zu analysieren… das hat mir Spaß gemacht. Ganz nebenbei ist Heidelberg eine wunderschöne Stadt und hat kulturell und was Gemeindestile angeht etwas mehr zu bieten als Adelshofen. Kein Kunststück. Auch diese Chance hab´ ich genutzt und mir von hochcharismatischen Gemeinden über das Gebetshaus und der Taizégruppe bis zur katholischen Messe nach altem Ritus alles mal angeschaut und meinen Horizont geweitet. Heimat blieb mir dann aber doch die landeskirchliche Gemeinschaft der Liebenzeller Mission. Im anschließenden Vikariat merkte ich, wie sehr mein Herz doch auch für die Vielfalt der Gemeindearbeit schlägt. Das habe ich dann schon als Berufung Gottes wahrgenommen, nicht komplett in den Lehrdienst zu wechseln. Ich bin sehr dankbar, dass die Kommunitätsleitung und die badische Landeskirche mir ermöglichen, nun beide Traumberufe zu leben: als Dozentin am TSA, aber auch als Pfarrerin in zwei Dörfern gleich nebenan. So kann ich mit jungen Erwachsenen theologisch arbeiten, derzeit unterrichte ich Kirchengeschichte und Griechisch. Und ich darf Menschen begleiten von der Taufe bis zur Beerdigung, darf Gottesdienste feiern und ein Pfarramt organisieren. Während ich diesen Artikel schreibe, kämpfe ich noch mit dem Schlafdefizit von einer sehr coolen Konfifreizeit. Ich weiß nicht, ob es einen Beruf gibt, der vergleichbar vielfältig ist zur Gemeindearbeit! Mich begeistert er immer wieder neu. Und dann ist es auch nicht so dramatisch, wenn es eben nicht bei 50 Wochenstunden bleibt.

 

Meine Berufung ist klar

Ich hoffe, dass man meinem Agieren das akademische Studium anmerkt. Aber was mich wirklich trägt im Gemeindealltag sind die Erfahrungen aus dem TSA: Dass man eine Relistunde eben nicht nur auf dem Papier erarbeitet, sondern vor realen Schülern hält, eine Konfigruppe begleitet, die ins Haus kommt und nicht nur Konzepte über Konfirmandenarbeit vergleicht. Einen Gottesdienst leiten, Mitarbeiter integrieren und nicht nur eine Predigt schreiben – all das durfte ich am TSA üben und es hat mir den Berufseinstieg wesentlich erleichtert. In kurzer Zeit produktiv zu sein, effektiv zu arbeiten, das habe ich im LZA bei jeder Freizeit, jeder Großveranstaltung gelernt. Damals hat mich das zuweilen genervt. Ich hätte gerne mehr mit vorgedacht, länger Zeit gehabt für die Ausgestaltung. Heute kommt mir das sehr zugute und ich bin dankbar für diese Erfahrung. Ich will das eine nicht gegen das andere ausspielen. Genial, dass ich die Vorteile beider Ausbildungsformen genießen durfte. Und auch jetzt schätze ich den Wechsel zwischen Innendienst im LZA und den Tagen „draußen“ in Elsenz und Rohrbach. Meine Berufung aber galt und gilt nach wie vor primär dem kommunitären Leben.

 

 

Sr. Meike Walch genießt im Sommer Balkonien und im Winter das Thermalbad.