Hier bin ich, und will nicht anders

Jubiläen sind immer eine gute Möglichkeit, nicht nur für sich ganz privat, sondern auch für alle anderen sichtbar und hörbar Revue passieren zu lassen, was man erlebt hat. Br. Stefan Heidorn feiert 10-jähriges Kommunitätsjubiläum und nimmt uns mit auf seine gedankliche Reise zur persönlichen Dankbarkeit.

 

 

DAMALS Es ist das Jahr 2004. Ich bin 20 Jahre alt, gerade das erste Mal 700 km weit von zu Hause entfernt und starte in das Abenteuer meines Lebens. Ich werde zum Jahresteam in Adelshofen gehören. Ich kenne das LZA bisher nicht und weiß nur, dass ich mich dort ein Jahr lang für Gott einsetzen möchte. 

 

RÜCKBLICK Von Anfang an begeisterte mich die intensive Zeit als Team miteinander, die Freundschaften, die entstanden sind und am allermeisten, wie Gott mir auf unterschiedliche Art und Weise begegnet ist. Mein Glaube durchlief echte Wachstumsschübe und die Herausforderungen des gemeinsamen Lebens haben mich fasziniert. Als aus dieser Begeisterung dann mit der Zeit die Berufung in die Kommunität wuchs, war mir eins rasch klar, am richtigen Platz zu sein. Ich wusste: Mein Wunsch, Jesus mit ganzer Zeit, Kraft und allem, was ich habe, zu dienen, würde sich genau hier erfüllen!

 

Manches ist längst anders

19 Jahre später. Wir schreiben das Jahr 2023. Mittlerweile bin ich seit zehn Jahre Bruder in der Kommunität und weiß mich immer noch am richtigen Ort, auch wenn sich in dieser Dekade manches in mir selbst und im Lebenszentrum verändert hat. Ich freue mich sehr, dass sich an dem Wissen, am richtigen Platz zu sein, nichts geändert hat. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar. Mittlerweile bin ich also 39 Jahre alt und muss gestehen: Das Leben in Adelshofen, dass ich früher als sehr intensive Zeit der Gemeinschaft erlebt und so geliebt habe, ist anders geworden. Ich werde immer mal wieder gefragt, wie es sich denn so für mich anfühlt, als jüngster Bruder in einer Kommunität zu leben, in der das Durchschnittsalter so um die 70 liegt. Und wie es so ist, dass nicht nur in meinem Alter, sondern auch in meinen Interessensgebieten niemand da ist, mit dem ich sie teilen könnte.

 

Der Wunsch ist der gleiche

Ja, die meisten meiner Geschwister hier könnten vom Alter her mühelos meine Tanten, Onkel oder sogar Großeltern sein. Und ja, das erlebe ich immer wieder auch als herausfordernd. Wir haben unterschiedliche Prägungen, Interessen, Einstellungen und vieles mehr, was oft schlecht unter einen Hut zu bringen ist. Und doch gibt es da dieses gewisse Etwas, das mich fasziniert und hält. Wir sind füreinander da. Wir stehen zusammen, wenn es darauf ankommt, und leben denselben Wunsch, Jesus groß zu machen und ihm in dem Rahmen, den er uns hier geschenkt hat, nachzufolgen. Dabei ist Raum für Pluralität. Der eine - wie ich zum Beispiel… - kann mit seiner Vorliebe für Worship-Musik lange aufbleiben. Ich geh auch gerne ins Kino, wenn das möglich ist, habe nicht so ein großes Maß an Ordnung um mich herum wie andere und bin gern mit jungen Menschen zusammen, mit ihren ganz eigenen Dynamiken. Daneben steht mein Bruder, der es lieber gediegen mag und stiller betet, der es ruhig liebt, weniger umtriebig, der ordentlich ist und gerne früh ins Bett geht. Wir mögen und brauchen ganz unterschiedliche Dinge, ich mehr Action, er mehr Ruhe, und doch wir wissen um dieselbe Berufung, hier als Bruder zu leben. Das finde ich großartig, dass macht unsere Gemeinschaft für mich sehr wertvoll! Dennoch fehlt mir in der Kommunität – das ist ja mein intimster Lebenskreis – manchmal jemand in meinem Alter, das gebe ich unumwunden zu. Jemand, der meine Interessen teilt und der meiner Generation angehört.

 

Geschwister als Vorbild

Ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich gute Freunde habe. Freunde, die nicht in der Kommunität sind, die aber das LZA kennen, meine Situation verstehen und mich auf dem Weg als Bruder begleiten. Ich habe und genieße beides nebeneinander. Die gemeinsame Berufung mit meinen Geschwistern der Kommunität, die uns verbindet und die den Alltag übersteht. Und ergänzende Beziehungen, die mir geben, was ich daneben her noch brauche. Ich schaue immer wieder auf das Verbindende und unseren gemeinsamen Auftrag - besonders dann, wenn die Unterschiede laut werden und sich in den Vordergrund drängen wollen. Ich bin sehr dankbar, in meinen Geschwistern Vorbilder zu haben. Vorbilder in Treue, Durchhaltekraft und Hingabe. Sie leben ihre Berufung trotz, mit und auch wegen aller Unterschiede!

 

Jede Menge Herzblut

Bei allen Veränderungen der letzten Zeit sticht eine für mich besonders heraus: In diesem Herbst habe ich die Gesamtleitung des Jahresteams abgegeben. Und diese Aufgabe war mir wirklich eine sehr besondere, konnte ich doch darin das, was ich an wohltuender Gemeinschaft erlebe, an die jungen Leuten weitergeben und ihnen vermitteln, zuhause zu sein. In den vergangenen 13 Jahre hatte ich das große Privileg, 143 Jahresteamler zu begleiten und zu prägen. Ich bin so dankbar, dass ich dabei ganz unterschiedliche und wertvolle Persönlichkeiten kennenlernen, herausfordern und fördern konnte! Und nicht nur das – ich selbst habe viel von ihnen gelernt, durfte im Glauben und persönlich durch sie wachsen. Da sind schöne Freundschaften entstanden, und ich habe jeden dieser tollen jungen Leute liebgewonnen! Ich habe eine Menge Herzblut in diese Aufgabe gesteckt, habe mitgelitten, gebangt und mich mit ihnen gefreut. Ungeachtet dessen, dass sie dabei ab und an für mich, oder auch ich immer mal wieder für sie herausfordernd war! Am Ende musste ich sie alle los- und weiterziehen lassen. Und ich habe gemerkt, dass es nun Zeit ist, diese schöne Aufgabe abzugeben. An jemand anderes weiterzugeben. Ihm zu erlauben, die gleichen schönen Erlebnisse zu haben. Ich schaue sehr dankbar auf diese Jahre zurück und bin nach wie vor großer Fan des Jahresteams und glaube, dass es das Beste ist, was man machen kann!

 

Das Leben wurde tiefer

Insgesamt bin ich jemand, der positiv durchs Leben geht und der Veränderungen und Herausforderungen mutig entgegensieht, sie machen mir erstmal keine Angst. Mein Leben bisher war weitestgehend unbeschwert und ohne große Schicksalsschläge. Aber mit dem plötzlichen Tod meiner Mutter 2019 entdeckte ich eine Seite, die ich so noch nicht an mir kannte. Das Leben wurde tiefer, ich wurde nachdenklicher und manches, an dem ich mich bisher unbeschwert erfreut hatte, verblasste. Ich fing an, mir über Dinge Gedanken zu machen, die vorher nicht in meinem Blickfeld waren. Dabei spielt auch die Frage eine große Rolle, wie es mit meinem Vater weitergeht, jetzt, wo er alleine zu Hause ist, und ich eine Tagesreise vor mir habe, um ihn zu besuchen? Wie dankbar bin ich da für meine fünf Jahre ältere Schwester geworden, die in Papas Nähe wohnt und nach ihm schaut. Ich habe das vermutlich viel zu selten gesagt: Danke, liebe Tanja, vielen Dank!

 

 

Br. Stefan Heidorn ist gelernter Kaufmann und Diakon, gehört seit 2013 zur Kommunität und ist seit 2022 sowohl Teil des neuen Leitungsteams der Geschwister als auch Mitglied des Vorstandes der Stiftung. Er freut sich von Menschen umgeben zu sein, die ihm am Herzen liegen und wenn er „quality times“ mit Jesus verbringen kann.