Dankbarkeit verändert alles

Dr. Jürgen Schulz setzt sich hier mit einer Anordnung Gottes auseinander, die am Ende genau das ist. Eine Anordnung, kein Vorschlag. Der Mensch tut sich damit unter Umständen schwer, lässt er sich doch nicht unbedingt gerne sagen, was er tun oder lassen soll. Da lohnt es sich, einen Moment innezuhalten, und die Aufgabe vom Ergebnis her zu lesen.

 

 

Dankbarkeit ist ein „Game Changer“. Ein Game Changer verändert ein Spiel grundlegend. Mit der Einwechslung im Fußball versuchen Trainer ein Spiel entscheidend zu ihren Gunsten zu verändern. Oder nehmen wir einen Wintersportler: mit dem Wechsel des Materials versucht er sich einen technischen Vorteil zu erarbeiten, um noch schneller zu werden. Game Changer sorgen für grundlegende Veränderungen. Und Dankbarkeit ist so ein Game Changer. Sie verändert die gesamte Arbeitsatmosphäre, führt zu herzlichen Beziehungen, stärkt Ehen und bewahrt einen jeden davor, als Miesepeter zu enden.

 

Schwierige Zeiten

Die Aufforderung des Apostel Paulus im 1.Thessalonicherbrief ist also mehr als eine moralische Hilfestellung: „Dankt Gott in jeder Lage!“  (1.Thess 5,18). Ich habe mit diesem Vers lange meine Probleme gehabt. Der Vers geht doch an der Realität des Lebens vorbei, oder? Ich verletze mich beim Sport und kann nicht am Wettkampf teilnehmen. Wie soll ich dafür dankbar sein? Die Kinder sind dauerhaft krank und ich damit am Ende meiner Belastungsgrenze. Und jetzt soll ich auch noch dankbar sein? Ja genau, ganz richtig! Ich bin überzeugt, dass Dankbarkeit gerade auch in solchen Situationen ein absoluter Game Changer ist. Es ist aber enorm wichtig, unter anderem die folgenden drei Dinge zu bedenken:

 

  1. Paulus schreibt den Brief an eine Gemeinde, die gerade durch eine enorm herausfordernde Phase geht. Sie leidet, weil sie an Jesus Christus glaubt. Die Aufforderung zur Dankbarkeit hat auch in schwierigen Zeiten ihren Platz.
  2. Paulus schreibt hier nicht, dass wir für alle Lagen oder Dinge dankbar sein sollen, sondern in allen Lagen und Dingen. Dass das Leben auch von Schwierigkeiten und Leiden geprägt ist, wird als alltägliche Realität schlicht angenommen.
  3. Es ist immer gut einen Vers im Zusammenhang zu lesen: „Freut euch, was auch immer geschieht! Lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen! Dankt Gott in jeder Lage! Das ist es, was er von euch will und was er euch durch Jesus Christus möglich gemacht hat.“ (V. 16-18). Der Glaube an Jesus Christus ist die Quelle der Dankbarkeit.

 

Freigesetzte Kraft

Dankbarkeit als Grundhaltung des Lebens ist nicht gebunden an die Umstände des Lebens, hängt nicht von unserer Willensstärke ab, sondern wird uns durch Jesus Christus möglich gemacht. Der Glaube an Jesus Christus ist nicht nur eine gute Nachricht, weil er uns vor dem ewigen Tod rettet und ewiges Leben schenkt. Das Evangelium verändert nicht nur unsere Haltung zum Tod, sondern verändert schon jetzt unser Leben. Jesus macht heute schon Dinge möglich, die für uns zuvor unmöglich waren. Ich staune immer wieder über Menschen, die in den größten Lebenskrisen hoffnungsvoll und fröhlich bleiben. Alle haben gemeinsam, dass sie eine dankbare Grundhaltung haben. Und es ist diese dankbare Grundhaltung, die wiederum ganz neu Kräfte freisetzt, um durch schwierige Phasen stark hindurchzugehen.

 

Unbegrenzte Möglichkeiten

Wer dankbar ist, muss sich ja nicht fatalistisch den Gegebenheiten des Lebens ausliefern. Wer dankbar lebt, gestaltet sein Leben mutig und hoffnungsvoll. Wer so lebt, verändert die Lebensumstände. Es ist das fromme Leben, also ein Leben, das geprägt ist von der Beziehung zu Jesus Christus, das zur Dankbarkeit führt. Es ist das Gebet zu Gott und die Freude in Gott, die letztlich unsere alltäglichen Erfahrungen verändert. Deswegen gewinnt auch die in der Kirche altbekannte Idee eines „geistlichen Rhythmus“ immer wieder neu an Bedeutung: wir integrieren in unseren Alltag bewusst Zeiten der Stille, des Gebets, der Bibellese und Begegnung, um den Herausforderungen des Alltags aus der Perspektive Gottes zu begegnen. Weil Gottes Möglichkeiten unbegrenzt sind, werden so auch die Umstände des Lebens neu geordnet. Der schottische Pfarrer George Herbert Morrison hat die Bedeutung der Dankbarkeit treffend ausgedrückt: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“

 

Aktive Teilnahme

Viele Menschen machen ihre Dankbarkeit an dem persönlichen Lebensglück fest. Sie sind bereit, ihr Leben radikal zu verändern: der Fokus wird auf Erfolg im Beruf gelegt, die Berufswelt verlassen, um einmal um die Welt zu reisen, oder sich aufopferungsvoll für Mensch und Natur einzusetzen. Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden. Und mit jedem erreichten Ziel ist auch Freude und Dankbarkeit verbunden. Sobald der Erfolg aber ausbleibt und ganz unvorhergesehene Dinge sich radikal ins Leben drängen, verschwindet auch die Freude und Dankbarkeit. Letztlich müssen wir uns eingestehen: Dankbarkeit liegt nicht in unserer Hand. Wer aber sein Leben mit Jesus gestaltet, also den alltäglichen Herausforderungen im tiefen Vertrauen auf Jesus begegnet, wird ein dankbarer Mensch. Dankbarkeit setzt unsere aktive Teilnahme voraus, stellt Gottes Zuwendung und Wirken aber vorne an. Dabei ist Gottes Handeln in der Vergangenheit und Gegenwart die Grundlage für eine dankbare Lebenshaltung. Wer also dankbar sein möchte, ist herausgefordert seine Prioritäten neu zu ordnen.

 

Priorität im Alltag

Die Grundsatzfrage bleibt: Will ich an Jesus glauben? Gefolgt von: Will ich ein Leben im Glauben führen? Ich habe Freunde und Bekannte vor Augen, die mir mit Bezug zur Dankbarkeit große Vorbilder geworden sind. Wir müssen aber ehrlich sein: unsere Kirchen und Gemeinden sind nicht unbedingt für ihre Dankbarkeit bekannt. Und so leiden manche Gemeinschaften unter einem miesepetrigen Grundton, der eine miese Atmosphäre schafft, Beziehungen belastet und die Freude am Alltag nimmt. Solch ein Lebensumfeld braucht niemand. Deswegen ist es so wichtig, dass wir Dankbarkeit zu einer Priorität in unserem Alltag machen. Deswegen ist es aber auch so wichtig, dass wir neu ernstnehmen, dass Gottes Wort Dankbarkeit nicht als mögliche Lebenshaltung vorschlägt. Es ist ein Imperativ. Wir sind aufgefordert dankbar zu sein in allen Lebenslagen. Der Text wäre schwer zu akzeptieren, wenn Gott uns mit dieser Aufforderung alleingelassen hätte. Weil er selbst Dankbarkeit möglich macht, bleibt er auch die Mitte unseres Lebens!

 

 

Dr. Jürgen Schulz, verheiratet mit Lydia und Vater von vier Kindern, ist seit Januar 2023 Rektor des Theologischen Seminars Adelshofen. Er hat eine tiefe Liebe zur Gemeinde, eine Leidenschaft für das Alte Testament und meint: geht nicht, gibts´nicht!