Glauben. Schauen. Staunen.

Es ist schon bemerkenswert, was alles werden kann, da wo nichts war. Geschaffen aus dem Nichts, quasi. Unter diesem Titel veröffentlichte das Lebenszentrum 1972 das erste Buch der Entstehungsgeschichte und 1977 schob Pfarrer Riecker sein vielbeachtetes „Mit 60 fing mein Leben an“ nach. Jetzt feiert das Werk seinen 60. Geburtstag und hat viel Grund zum Staunen. Ein geschichtlicher Überblick von Sr. Dora Schwarzbeck.

 

 

1962-1972

Start und Verborgenheit

Aus der Erweckung in der Gemeinde Adelshofen 1955 – durch eine Bibelwoche mit Pastor Heinrich Kemner entsteht 1958 die Bibelschule Adelshofen. Der Ortspfarrer Dr. Otto Riecker startet eine 3jährige theologische Ausbildung. Durch die Texte von der radikalen Jesusnachfolge in den Evangelien kommen Gedanken, eine Bruderschaft zu gründen.

 

„Der Gedanke einer verbindlichen Gemeinschaft hatte uns eigentlich schon seit den ersten Tagen beschäftigt. Er lag nahe. Lebten wir doch zusammen wie die ersten Christen: ‚Sie waren täglich und stets beieinander einmütig und hatten alle Dinge gemeinsam‘.“

Bruder Peter Lohmann

 

Die Gründung der Kommunität Adelshofen war am 30. November 1962. Das Leitwort dieser ersten Zeit spricht davon, dass Gott aus dem Nichts schaffen kann, und Glaube hofft, wo menschlich gesprochen nichts zu hoffen ist: „Abraham glaubte auf Hoffnung, wo nichts zu hoffen war. Gott ruft dem, was nicht ist, dass es sei!“. Röm 4, 18a.17c

 

 

 

1972-1982

Festlegung und Öffentlichkeit

„Ich will meine Gelübde dem Herrn erfüllen vor allem Volk.“

Psalm 116

 

Unter diesem Bibelwort steht der Festakt im November 1972. Es ist ein großer Tag, als die Kommunität am 26.11.1972 in einheitlicher Kleidung in die evangelische Kirche Adelshofen einzieht. In den folgenden Jahren entsteht unsere Lebensordnung. Grundlage waren die drei „evangelischen Räte“ – Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Ein Leben nach diesen drei Evangelischen Räten will weder eine höhere, vollkommenere Form des Christseins sein, noch Familie geringschätzen! Kommunität will eine Lebensform für einzelne sein. Es ist unsere spezielle Berufung, eine Lebensform unter anderen, die in der Freiheit des Evangeliums möglich ist und über das Leben auf dieser Welt hinausweist.

 

 

 

1982-1992

Wachstum und Aufblühen

Weitere Schwestern und Brüder kommen in diesen Jahren zur Kommunität dazu. Neue Häuser entstehen, große öffentliche Veranstaltungen, wie z.B. der Frauen- und Männertag entstehen.

In der Bibelschule (ab 1989 Theologisches Seminar) lassen sich viele junge Männer, Frauen und Ehepaare ausbilden. Evangelisationen, große Freizeiten und weitere Verkündigungsdienste sind uns möglich. Um Ehepaar Faix, seit 1978 in Adelshofen, bildet sich die Familiengemeinschaft der Kommunität. 1988 werden Wilhelm und Barbara Faix in die Kommunität aufgenommen. In der Kommunität bewegen uns neue Fragen: Brauchen wir eine feste Altersversorgung? Wie können wir unser kommunitäres Leben so gestalten, dass es anziehend ist? Wie kann der Einzelne geistlich, geistig und praktisch gefördert werden? Welche Fortbildungen sind dran? 1984 übergibt Pfr. Dr. Riecker die Leitung an Br. Peter Lohmann und Sr. Magdalene Rodewald.

 

 

 

1992-2002

Krise und Klarheit

Dieser Zeitabschnitt ist besonders geprägt von schmerzlichen Erlebnissen. Unsere Krise hatte sich über Jahre angebahnt. Es zeigen sich verschiedene Nöte im Miteinander, die nicht ausgesprochen wurden. Als die Lage sich so zuspitzt, dass wir reden müssen, geht eine Erschütterung durch unsere Reihen und wir erleben: einzelne Beziehungen sind nicht mehr zu heilen, Geschwister verlassen die Kommunität. An dieser Stelle wollen wir allen Brüdern und Schwestern, die mit uns auf dem Weg waren, herzlich für ihren Lebenseinsatz danken.

 

Nach einem langen Prozess mit intensiver Gesprächsbegleitung finden wir neue Schritte und neues Vertrauen, und neu den Mut, zu glauben. In den Krisen, Grenzerfahrungen, Entwicklungen unserer Gemeinschaft liegt auch eine Chance zur Neugestaltung und Weiterentwicklung. Und parallel zu den schmerzlichen Durchgängen zieht Gott seinen Segen nicht zurück – wir können weiter Menschen dienen durch Lehre, Verkündigung, Ausbildung und Seelsorge. Und die Erfahrung des Scheiterns gibt neue Zugänge und tieferes Verständnis für die Menschen in Beratung und Begleitung. Im Jahr 1999 wird auch der Leitungswechsel von den Gründungsgeschwistern Sr. Magdalene Rodewald und Br. Peter Lohmann zu Br. Dr. Oskar Föller und Sr. Gretel Walter vollzogen, erweitert durch ein Team von insgesamt 4-5 Personen.

 

 

 

2002-2012

Veränderung – der Zeit dienen

Zwischen 2004 und 2009 kommen vier neue Schwestern in die Kommunität. Das ist eine starke Ermutigung, sich den Anforderungen der Zeit mit Zuversicht zu stellen. So beschäftigen uns in der Kommunität dringende Fragen: Wie kann das Lebenszentrum Adelshofen auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren, am Puls der Zeit bleiben? Wie können wir unsere Identität stärken? Was ist unser Auftrag von Gott in dieser Zeit?

 

Ein einmütiger Schritt ist die Erweiterung des Ausbildungsangebots durch den Akademischen Zweig des Aufbaustudiums in Verbindung mit der University of South Africa im Fachbereich „Praktische Theologie“ mit dem Ziel eines Master of Theology. Wir sehen in den folgenden Jahren, wie durch dieses Aufbauprogramm Multiplikatoren ausgerüstet werden zu ihrem Dienst, aber geerdet bleiben durch die persönliche Glaubenspraxis, wie es unserer Ausbildung von Gott aufgetragen ist.

 

„Wir wollen im Glauben zuversichtlich weitergehen. Nicht auf den personellen und finanziellen Mangel fixiert sein und uns davon ausbremsen lassen“

Br. Dr. Oskar Föller

 

So formulieren wir 2004 unsere Vision: Gemeinsam für Jesus. Gott ehren, Gemeinschaft leben, Menschen dienen. Und unter diesen Leitgedanken überarbeiten wir unsere Lebensordnung 2009, um sie den neuen Gegebenheiten anzupassen, aber unserem Gründungsauftrag und unserer Lebensberufung als Brüder und Schwestern verpflichtet bleiben. Durch neue Generationen in der Kommunität wird ein starker partnerschaftlicher Stil der Leitung und Einbeziehung der Geschwister bei Entscheidungen praktiziert.

 

 

 

2012-2022

Die Zukunft ermöglichen

In den Jahren 2013 und 2019 kommen zwei neue Brüder zur Gemeinschaft dazu. Aber die Alterspyramide der Kommunität zeigt deutlich die Form der Altersentwicklung in unserem Land. Weitere Geschwister erreichen das Ruhestandsalter und geben gemäß unserer Lebensordnung Verantwortung ab, auch wenn sie sich nach Gaben und Kräften weiterhin einbringen. Außerdem werden wir über Jahre von schweren Krankheiten heimgesucht und vier Geschwister haben nach Gottes Willen zwischen 2017 und 2019 ihren Auftrag auf dieser Welt vollendet. So sind die Lücken sehr deutlich und wir entscheiden uns, mehr und mehr externe Mitarbeiter anzustellen. Dankbar erleben wir, wie Gott uns die richtigen Männer und Frauen zuführt, die sowohl in der Ausbildung als auch in Technik, Hauswirtschaft und Verwaltung von Herzen den Gesamtauftrag mitgestalten. Mehr und mehr werden wesentliche Fachbereiche von angestellten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geleitet.

Auch die Verantwortung für Häuser und Gelände fordert neue Entscheidungen, die zukunftsfähig sind. So treffen wir im Jahr 2015 die Entscheidung, das Parkgelände um das LZA zu einem Erlebnisparcours umzugestalten und einen eigenen Mitarbeiter als Erlebnispädagogen anzustellen. Das neue Projekt „Erlebnisgarten“ wird begonnen und die Angebote sind bis heute ausgebucht und erschließen neue Zielgruppen, vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit, aber auch im Erwachsenenbereich für Gremien und Firmenmitarbeiter.

Durch die größer werdende Mitarbeiterschaft und die kleiner werdende Zahl aktiver Schwestern und Brüder der Kommunität wird die Frage nach einer neuen Leitungs- und Verantwortungsstruktur des Werkes aktuell. Und wir beginnen ab 2012 einen bewussten Prozess der Neustrukturierung, der beim 60jährigen Jubiläum der Kommunität seinen Abschluss findet. Die Mitgliederversammlung der Kommunität beschließt 2021 in großer Einmütigkeit die Gründung einer Stiftung im Bewusstsein, dass Gott seine Sache mit den neuen Verantwortlichen in seinem Sinn weiterführen wird. Diese Einmütigkeit lässt uns staunen über die gute Führung Gottes auch an diesem wichtigen Schritt der Veränderung. Die Stiftung Lebenszentrum Adelshofen ist Trägerin der Ausbildung und missionarischen Arbeit mit einem Stiftungsvorstand als Leitung, der mit angestellten Mitarbeitern und Geschwistern der Kommunität besetzt ist. Der Verein Kommunität e.V. bleibt und wird von einer eigenen Leitung der Kommunität verantwortet. Gründungsauftrag des Werkes in Ausbildung, Mission, Seelsorge und Diakonie sind in der Stiftungssatzung festgelegt und können so weitergeführt werden.

 

 

Sr. Dora Schwarzbeck gehört seit 1978 als Mitglied zur Kommunität Adelshofen. Sie ist Diplom Sozial Pädagogin (FH), Religionslehrerin, Bibliologin, langjährige Dozentin am Theologischen Seminar Adelshofen und war von 2006 bis 2016 leitende Schwester. Jetzt ist sie im Ruhestand und hilft immer da aus, wo es grad am nötigsten ist.