Hör ich nur, was ich will?

So ein Jahr in enger Gemeinschaft kann einen schon ziemlich begeistern. Da ist immer was los, da ist Bewegung, Action, man fühlt sich gut und richtig. Dass in all dem die Ruhe und das Hören auf Gottes Stimme nicht zu kurz kommen darf, erlebt Silas Müller, und beschreibt es in seiner ganz persönlichen und individuellen Art. Er meint: weil Gott manchmal leise redet, muss man besonders gut hinhören.

 

 

Obwohl wir als Hausgemeinschaft im kleinen Adelshofen eher reserviert leben, sind wir doch durch Erzeugnisse der modernen Technik mit unserer Außenwelt verbunden. Verkehrsmittel ermöglichen es Freunden und Bekannten der Stiftung das Lebenszentrum zu besuchen, das Festnetz stellt Verbindungen über weite Distanzen her. Gerade aber das Internet hilft uns dabei, Informationen auf unkompliziertem Wege zu beziehen, genauso wie es uns als Werk Präsentationsfläche bietet, um anderen von unserer Arbeit zu berichten und Interessenten zu gewinnen.

 

Meine Entscheidung
Jedoch bleibt es nicht immer bei diesem nützlichen Datenaustausch über das Worldwide Web, denn spätestens nach Feierabend können sich viele der Flut an digitalen Inhalten kaum entziehen. Vor allem uns Bundesfreiwilligendienstlern, die wir doch mit der Verfügbarkeit des Internets aufgewachsen sind, stellt dieses Überangebot vor Herausforderungen – wobei das Jahresteam diesbezüglich nicht als homogen zu betrachten ist, da sich die Bildschirmzeiten, wie nach kürzlichem internen Austausch festgestellt wurde, deutlich unterscheiden. Mich persönlich hindern digitale Medien häufig daran, zur Ruhe zu kommen oder eine gesunde Langeweile zuzulassen.

 

Das weiß ich doch!

Obwohl ich weiß, dass mir vermehrter Medienkonsum höchstwahrscheinlich keinen Mehrwert bieten wird, entscheide ich mich oft für niederschwellige Ablenkung. Nicht nur Zeit für mich selbst und meine eigenen Ziele, sondern vor allem Raum für das Reden Gottes wird dadurch vernachlässigt. Dabei ist es doch nur ratsam und einleuchtend, den allmächtigen und allwissenden Gott durch sein Wort sprechen zu lassen und ihm zuzuhören. Nur leider wird die Wahl zwischen leichter Unterhaltung und der Vertiefung der Gottesbeziehung nicht immer rational und langzeitorientiert getroffen. Viel zu oft entscheiden wir uns für Dinge, die uns auf kurze Sicht eine Art von Freude bereiten, allerdings gar nicht dem entsprechen, was wir tatsächlich wollen und anstreben.

 

Ich spüre, ich wachse
Hier trägt die Gemeinschaft im Lebenszentrum Adelshofen, besonders auch diese innerhalb des Jahresteams, zu positiver Veränderung bei. Um das Zusammenleben erfolgreich gestalten zu können, ist es nämlich unabdinglich, einander zuzuhören. Von Anweisungen am Arbeitsplatz bis hin zu tiefsinnigen Gesprächen über den Glauben und Identitätsfragen bestehen viele verschiedene Anlässe zum gegenseitigen Austausch. Der Alltag erfordert also, dass man aufeinander eingeht und diszipliniert somit auch darin. Gerade für die tieferen Gespräche ist es auch nötig, Interesse am Gegenüber und seinen Anliegen zu haben. Auf diese Weise hilft die Gemeinschaft dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und seinen Blick von sich selbst zu lösen. Dabei helfen auch die häufigen und regelmäßigen Andachten, die für einen Start in den Tag mit Gott sorgen. Generell bieten die glaubensbezogenen Programmpunkte und Veranstaltungen im LZA Anregungen und neue Ansätze für die Gestaltung der Gottesbeziehung. Summa summarum lässt einen der gebotene Input im Glauben und speziell auch im Hören auf das Reden Gottes wachsen.

 

Sensibel und wachsam

Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich in Bezug auf Gottes Reden im Verlauf meines Freiwilligendienstes zunehmend sensibilisiert wurde. Aufgrund von vielen Enttäuschungen im privaten Bereich habe ich begonnen, am Wirken und Sprechen Gottes in meinem Leben zu zweifeln. Ich habe eine skeptische Grundhaltung gegenüber dem in Predigten Gesagten und im Lobpreis Gesungenen entwickelt, die mich in viele Situationen auch daran gehindert hat, mein Vertrauen völlig auf Gott zu setzen. Jedoch bin ich dankbar dafür, dass ich dadurch meinen Glauben nicht auf losen Gefühlen und Eindrücken aufbaue, sondern vielmehr Sehnsucht nach dem Absoluten und der Wahrheit Gottes verspüre. Denn gerade in Lobpreiszeiten können Emotionen ausgelöst und Gedankengänge angestoßen werden, die nicht unbedingt von Gott stammen, sondern oft nur Ausdruck eigener Wünsche und Verlangen sind.

 

Anders als gedacht
Trotzdem bleibt es für mich ein Gebetsanliegen Gottes Stimme nicht auszublenden und auf das zu hören, was er mir mitteilen will. Wie wir an dem Inhalt von 1. Könige 19, 11-12 erkennen können, spricht Gott nicht immer auf die erwartete Weise. Diese Bibelstelle beschreibt, wie Gott Elia erscheint, dies jedoch weder in einem Feuer oder einem Erdbeben noch in einem heftigen Sturm tut. Dabei kennen wir Gott doch als jemand, dessen Erscheinen häufig mit eindrucksvollen Naturereignissen in Verbindung steht (z.B. 2. Mose 19). Zu Elia spricht Gott hier allerdings in einem „leisen Säuseln“. Man kann diese Verse also durchaus als Appell sehen, aufgeschlossen und unvoreingenommen gegenüber Gottes Reden zu bleiben und keine falschen Erwartungen an die Art und Weise zu hegen, wie Gott zu einem sprechen kann. Gottes Sprechen und Wirken fallen nämlich oft anders aus, als man denkt.

 

 

Silas Müller ist 18 Jahre alt und gehört seit 2023 zum Jahresteam. Der Würzburger zeichnet gerne und pflegt generell kreativen Tätigkeiten nachzugehen. Zudem ist er großer Fan der klassischen Rock-Musik sowie des traditionellen Folk und Country.