Kommunität: In Demut und Zuversicht das „Wir“ gestalten

Rund zwei Jahre sind vergangen, seitdem die Kommunität die Verantwortung für das Lebenszentrum der neuen Stiftung übertragen hat. Und da, wo immer wieder gefragt wird, wie sich das Neue, die Stiftung, entwickelt, wollten wir auch wissen, was aus dem „Alten“ geworden ist, was die Geschwister der Kommunität bewegt. Sr. Dora Schwarzbeck hat sich der Frage ehrlich angenommen.

 

 

Seit Gründung der Kommunität 1962 haben wir bei Jubiläen eine Rückschau auf den Weg unseres Werkes und unserer Gemeinschaft gehalten, so auch 2022 zu unserem 60jährigen. Und wir haben versucht, die einzelnen Dekaden zu benennen: 1962 – 1972 Start und Verborgenheit, 1972 – 1982 Festlegung und Öffentlichkeit, 1982 – 1992 Wachstum und Aufblühen, 1992 – 2002 Krise und Klarheit, 2002 – 2012 Veränderung – der Zeit dienen und 2012 – 2022 Die Zukunft ermöglichen. Dazu ein Auszug aus einem Text zu dieser Dekade, den wir in unserem Jubiläumsbuch veröffentlicht haben: „Durch die größer werdende Mitarbeiterschaft und die kleiner werdende Zahl der Schwestern und Brüder [unter 66 Jahren] wird die Frage nach einer neuen Leitungs- und Verantwortungsstruktur des Werkes aktuell. Und wir beginnen ab 2012 einen bewussten Prozess der Neustrukturierung. […] Die Mitgliederversammlung der Kommunität beschließt 2021 in großer Einmütigkeit die Gründung einer Stiftung im Bewusstsein, dass Gott seine Sache mit den neuen Verantwortlichen in seinem Sinn weiterführen wird.“[1]

 

Veränderung

Nun sind wir seit Gründung der Stiftung fast zwei Jahre in neuer Formation miteinander unterwegs. Mit neuen Verantwortungsgremien, dem Stiftungsvorstand mit dem ersten Vorsitzenden Christian Pletsch und vier weiteren Vorstandsmitgliedern. Die entscheidende Veränderung ist, dass unser Auftrag als Kommunität zur Ausbildung und Verkündigung nun in der Verantwortung der Stiftung Lebenszentrum Adelshofen liegt. In der Stiftungssatzung sind Auftrag und Schwerpunkte wie vorher in der Satzung des Trägervereins Kommunität Adelshofen e.V. festgelegt. Sie werden in den beiden Bereichen „Geistliches Zentrum“ und „Theologisches Seminar Adelshofen“ weitergeführt. Mit inzwischen über zwanzig angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und sieben Geschwistern der Kommunität, die in Teilzeit und Vollzeit im Bereich Stiftung unentgeltlich tätig sind. Unterstützt vor allem im Verkündigungsbereich, Beratung und Seelsorge als auch durch praktische Aushilfe von Schwestern und Brüdern im Ruhestand. Und als Kommunität freuen wir uns an den gemeinsamen Mahlzeiten im Zentrum und profitieren von technischer Unterstützung in ganz verschiedenen Bereichen.

 

Das „Wir“ wollen und gestalten

Dieses „Wir“ ist immer neu zu wollen und zu gestalten. Für uns als Kommunität, indem wir dem Vorstand und den Mitarbeitern ihre Arbeit erleichtern, durch Mitarbeit und Gebet dabei sind, auch wenn wir nicht mehr die Leitungsverantwortung haben. Da sind wir am Üben. Am ehesten gelingt es da, wo in gewachsenen herzlichen Beziehungen das Interesse und Anteilnehmen und Mittragen gegenseitig geschieht. Und das wird in den verschiedenen Beziehungen und Freundschaften gelebt. Denn Auftrag und Dienst des Werkes sind für uns als Kommunität zusammen mit den Mitarbeitenden ja Herzensanliegen und Verpflichtung.

 

Veränderung als Chance

Und doch begann für uns als Kommunität durch die Gründung der Stiftung und auch durch unsere Altersentwicklung ein neuer Abschnitt. Unser Miteinander als Brüder und Schwestern ereignete sich bis dahin nicht nur in der verbindlichen Lebensgemeinschaft mit den Gebetszeiten und regelmäßigen Treffen oder in unserer Festlegung, dass die finanziellen Mittel uns gemeinsam anvertraut werden. Sondern es geschah in vielen Jahren im gemeinsamen Arbeiten und Dienst mit vielen beglückenden Erfahrungen der Ergänzung. Wir waren und sind weniger die herausstechenden Einzelkämpfer, sondern unsere Stärke lag und liegt in der gegenseitigen Ergänzung der Kräfte und Gaben. Das Geheimnis des gelebten, geliebten, erlittenen und erkämpften Miteinanders als Zeichen des Leibes Christi, das Beieinanderbleiben in Krisen und Schwachheit ist als Wirklichkeit ein Zeichen der Hoffnung! Die Fürsorge füreinander muss nun einen größeren Raum einnehmen und die jüngeren Geschwister sind vor allem in Teams mit den Mitarbeitenden tätig. Dienste der Kommunität geschehen zu zweit oder zu dritt oder oft auch einzeln, zum Beispiel bei vielen Gottesdiensten in der Umgebung.

 

Die Veränderung birgt für alle Generationen unserer Kommunität die Chance, den Kern unserer Berufung neu zu entdecken: Leben nach den „Evangelischen Räten“ in Ehelosigkeit, schlichtem Lebensstil und der Bereitschaft, aufeinander zu hören in gegenseitiger Absprache. Motiviert durch den Dank für die Erlösung und das neue Leben in Jesus Christus, das uns verbindet. So wollen wir in dieser besonderen Lebensberufung frei für Gott und die Menschen sein. In unseren Sommerklausurtagen, die wir dieses Jahr bei der Communität Christusbruderschaft Selbitz (CCB) verbringen konnten, haben wir unseren bisherigen Weg miteinander angeschaut, haben Glück und Schmerz benannt. Die Priorin der CCB, Sr. Birgit-Marie Henniger, begleitete uns mit Impulsen zur Bergpredigt und moderierte unsere wichtigen Gesprächsrunden zu eben diesen Veränderungen und ihre Auswirkungen in der Zukunft.

 

Glück und Schmerz

Da ist das Glück des großen Segens mit über 1000 Absolventinnen und Absolventen des Theologischen Seminars und hunderten junger Männer und Frauen, die im Jahresteam im Zivildienst, FSJ und BFD ihre Zeit für Gottes Sache eingesetzt haben. Und von denen nicht wenige sagen, es sei das beste Jahr ihres Lebens gewesen. Und dazu die vielen Menschen, die bei Evangelisationen, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Freizeiten und Schulungen Jesus kennen gelernt haben und im Glauben gewachsen sind. Was für ein Vorrecht. Dazu kommt das Wunder der Versorgung mit Lebensmitteln, Autos, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur rechten Zeit, ehrenamtlicher Hilfe und Finanzen über all die Jahrzehnte. Gott allein die Ehre!

 

Und da ist der Schmerzüber Konflikte, die nicht gelöst werden konnten und zum Austritt von vielen Geschwistern geführt haben. Zuletzt den der beiden Schwestern Hanna und Britta, von dem wir im letzten Journal berichteten. Dass unsere Kommunität in den zurückliegenden Jahren nicht mehr gewachsen ist, erleben wir als Schmerz. Für die jetzt 40-50jährigen ist die Situation durch die Altersentwicklung besonders gravierend, da sie sich als die wenigen „Jungen“ erleben. Und so sind wir als gesamte Gemeinschaft herausgefordert, Perspektive und die Gestaltung des kommunitären Lebens für alle Generationen neu zu gewinnen.

 

Glieder am Leib Christi

Zum Abschluss der Klausur in Selbitz forderte uns Sr. Birgit-Marie auf, jeweils unseren Platz am „Leib Kommunität Adelshofen“ zu definieren. Und die meisten von uns erlebten ganz stark dieses Bild, dass wir in unserer Unterschiedlichkeit zusammen ein Teil des Leibes Christi sind, der Auftrag und Sendung auch in dieser Phase unter neuen Bedingungen leben darf und kann. Da sind die „Füße“, die nach wie vor im Bereich Lehre und Verkündigung tätig sein können, da sind die „Hände“ mit viel praktischer Arbeit und gelebter Gastfreundschaft. Da ist das „Herz“ mit Anteilnahme und Herzlichkeit und die „Gelenke“ im Zuarbeiten im Bereich Verwaltung und Finanzen. Da sind die „Ohren“ der Seelsorgerinnen und Seelsorger und der „Kopf“ mit dem Dienst der Leitung und Verantwortung. Um nur einige zu nennen. Und da sind die Geschwister, die mit gesundheitlichen Einschränkungen kämpfen und darunter leiden, dass sie sich nicht mehr so einbringen können. Und doch durch ihr Sein ein unverzichtbarer Teil des Leibes sind und Segen für uns und durch ihr Lebenszeugnis für viele Menschen.

 

So wollen wir als Kommunität Adelshofen weiter in Seelsorge, Gastfreundschaft, Beratung und Verkündigung, in Gebet und Fürbitte, in gegenseitiger Fürsorge und Treue mit einem Herzen für Gottes Sache leben. Gemeinsam für Jesus: Gott ehren – Gemeinschaft leben – Menschen dienen.

 

 

Sr. Dora Schwarzbeck gehört seit 1978 als Mitglied zur Kommunität Adelshofen. Sie ist Diplom Sozial Pädagogin (FH), Religionslehrerin, Bibliologin, langjährige Dozentin am Theologischen Seminar Adelshofen und war von 2006 bis 2016 leitende Schwester. Jetzt ist sie im Ruhestand und hilft immer da aus, wo es grad am nötigsten ist.

 

[1]Detlef Eigenbrodt, M.A. und Sr. Dora Schwarzbeck (Hrsg.), Ganz. Geliebt., 60 Jahre Kommunität Adelshofen, Eigenverlag Lebenszentrum Adelshofen 2022