Das erfordert Mut und Stärke
Einer der Männer, die einem schnell in den Sinn kommen, wenn es um Zuversicht geht, ist sicher Josua. Ausgestattet mit dem Zuspruch Gottes soll er sich nicht fürchten, soll stattdessen tapfer und fröhlich sein. Dr. Jürgen Schulz hat sich das angeschaut und findet viel Nähe zur Gemeinde und Gottes Bodenpersonal in Sachen Führung.
„Wir glauben an die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche.“ Seit dem vierten Jahrhundert bekennen sich Christen weltweit mit diesen Worten ausdrücklich zur Einheit der Gemeinde Jesu. Wir glauben, dass wir alle, zu welcher Konfession wir uns auch zählen, im Bekenntnis zum dreieinigen Gott, letztlich die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche bilden. Der Ankerpunkt dieses christlichen Bekenntnisses ist nicht die einzelne Person oder die einzelne Gemeinde, sondern die Gemeinschaft aller.
Riesen an der Grenze
Wir brauchen Mut und Stärke, um uns in den Dienst eben dieser Gemeinschaft zu stellen. Wir brauchen Menschen, die sich selbst nicht zu wichtig, aber die Gemeinschaft umso wichtiger nehmen. Solch eine Haltung hat das Leben von Josua geprägt, vor allem auch in seiner Führungsverantwortung für das Volk Israel. Er setzte sich damals für das Wohl seines Volkes ein, wir heute äquivalent für das Wohl der einen Kirche. Und das tun wir so mutig und stark, wie Josua es auch tat!
Dabei war er in einer Situation, in der er eigentlich nur versagen konnte. Josua war der Nachfolger Moses. Des großen Moses! Dem Mann, der Gott gesehen, die zehn Gebote empfangen, das Volk aus Ägypten und an die Grenzen eines neuen Landes geführt hat. Dem Land, dass Gott dem Volk Israel zugesprochen hatte. Und hier begegnen ihnen Riesen und schwerbewachte Städte. Ganz Israel kennt noch die Geschichten, wie die Mehrheit des Volkes sich überfordert, verunsichert und verängstigt zurückgezogen hat. Aber einer von ihnen vertraute schon damals auf Gott, entgegen der großen Mehrheit. Josua! Der Mann, der Jahre später, nachdem Moses gestorben war, das Volk Israel anführen sollte.
Es geht nicht um Charakter
Und Gott spricht zu Josua. Diese schlichte Bemerkung eröffnet das Buch Josua. Ein kurzer und doch tiefgreifender und besonderer Hinweis. So wie Gott mit Moses gesprochen hat, spricht er jetzt auch mit Josua. Gott spricht Josua Mut zu. Dreimal wiederholt Gott: „Sei mutig und stark!“[1] Dreimal fordert er ihn heraus. Er solle nur nicht ängstlich sein. Sich nicht einschüchtern lassen. Dreimal! Gott betont mit Nachdruck, welche Haltung Josua im Alltag zeigen solle. Er soll mutig und stark sein.
Auf den ersten Blick kann hier schnell der Eindruck entstehen, als würde Gott schlicht an Josuas innerliche Überzeugung appellieren. Als ginge es um seine individuelle Stärke, um seinen beispiellosen Mut und seine herausragende Courage. Josua Kapitel 1 bietet sich gut an, um anhand dieser Charaktereigenschaften den Prototyp eines guten Leiters zu beschreiben. Doch darum geht es in dem Text nicht. Es geht um ein Volk, Gottes Zusage und eine Pflichtaufgabe für die Führungsebene.
Es geht um Mut und Courage als Ergebnis eines tiefen Vertrauens in Gott selbst. Schon zu Moses Lebzeiten hat Josua dieses Vertrauen bezeugt.[2] Josuas Vertrauen in Gott reifte in einem Klima, das bestimmt war von Gottes Geist, Gottes Zusagen, Gottes Beistand und Gottes Wort. Hier konnten Mut und Stärke aufblühen und wachsen.
Dieser Geist prägt unsere Zeit
Am Anfang der Führungsaufgabe steht nicht der Mensch Josua, sondern Gott selbst. Josua wird nicht aufgrund seiner Persönlichkeit zum Anführer des Volkes Israel, sondern weil er mit Gottes Geist erfüllt war.[3] Die Bibel wird stattdessen nicht müde zu betonen, dass Gott durch seinen Geist Menschen beruft. Als Christen glauben wir, dass Gott auch heute noch in unserer Welt aktiv handelt. Josua wird durch Gott in die Führungsverantwortung gestellt, und Gott gibt ihm den „Geist der Weisheit“.[4]
Dieser Geist prägt auch unsere Zeit. Heute leben wir in der Zeit von Pfingsten. Jesus, der Sohn, ist gestorben und auferstanden. Ostern ist geschehen. Pfingsten ist heute. Gerade das bekennen wir Christen im Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel: Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche. Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.
Gott hat seinen Geist gesandt und seine Gemeinde ins Leben gerufen. Gott gibt jedem, der an ihn glaubt, Gaben und Fähigkeiten zur Stärkung seiner Gemeinde.[5] Nicht wir berufen und stellen in den Dienst, sondern wir erkennen an und stellen uns zu denen, die durch Gottes Geist berufen worden sind. Sowie Gott durch seine Propheten gesprochen hat, beruft er auch heute noch Menschen wie Josua in Führungsaufgaben. Als Gemeinden und Werke brauchen wir den Heiligen Geist als Ankerpunkt des Dienstes. Als Gott Josua beruft, ihm seinen Geist gibt, vertraut er ihm das Volk an. Der Anführer wird in den Dienst des Volkes gestellt. Wir Menschen neigen dazu, uns und unsere individuellen Fähigkeiten oft so wichtig zu nehmen. Gott nimmt uns sehr wichtig, stellt uns dann aber in eine Gemeinschaft, der wir dienen sollen. Der Dienst an der Gemeinschaft ist wesentlich für ein christlich geprägtes Führungsverständnis. Es geht um das Wohl der Gemeinschaft. Wer führt, braucht ein klares Bekenntnis zu den Menschen, die er oder sie führen soll. Wer so leben möchte, braucht Mut und Stärke.
Betretet neues Land
Gott erinnert Josua dann an seine Zusagen und Verheißungen. Es geht also nicht um Josuas Vision, sondern um Gottes Auftrag. Konkret heißt das für Josua: Betrete ein neues Land. Er soll sich mit dem Volk auf die Reise begeben. Wie genau die Reise ablaufen wird, welche Schlachten zu kämpfen, welche Herausforderungen zu meistern sind, all die Details kennt Josua nicht. Die Karte und das Gebiet sind aber klar definiert.[6] Gottes Zusage ist konkret messbar. Sein Auftrag klar umrissen. Josua soll mutig und stark vorwärtsgehen, weil Gottes Zusagen weiterhin Bestand haben.
Und Gott selbst steht Josua bei. Diese Zusage gilt ihm ganz persönlich. Gott wird ihn niemals im Stich lassen oder ihn vergessen. Ein Leben lang. Niemand wird ihm widerstehen können.[7] Die Aufforderung Gottes an Josua, mutig und stark zu sein, begründet sich also nicht in seinem Charakter, sondern in der Vertrauenswürdigkeit Gottes. Mut und Courage wachsen und reifen wie Früchte. Wir brauchen in unseren Gemeinden und Werken Menschen in der Verantwortung, die erfüllt sind durch Gottes Geist, die sich auf Gottes Zusagen konzentrieren und ihre eigenen Ziele an Gottes Verheißungen binden und nicht Gott zum Dienstboten ihrer Träume machen.
Josua vertraut Gott und ruft schließlich das Volk zusammen. Und das Volk stellt sich hinter ihn. Sie vertrauen darauf, dass Gott genauso mit Josua sein wird, wie er es mit Mose war. Und jetzt ruft das Volk Josua zu: „Sei mutig und stark.“[8]
Wir brauchen Weisheit
Letztlich gibt es nur eine Sache, die Josua tatsächlich aktiv tun kann, um seine Führungsaufgabe gut auszuüben: Er muss Gottes Wort verinnerlichen.[9] Weder Josua noch sonst ein Mensch verfügt über Gottes Geist, Gottes Zusage oder Gottes Beistand. Wir steuern das Wirken des Geistes Gottes nicht. Wir können aber Gottes Zusagen kennenlernen und in seinem Wort nachlesen, wie Gott uns Menschen beisteht. Über Gottes Wort zu meditieren, es auswendig zu lernen, es zu lesen und nochmal zu lesen, ist die Quelle des gelingenden Lebens. Es gibt Weisheit und glücklichen Erfolg.
Das Beste, was ein Mensch also tun kann, um sich den Herausforderungen des Alltags zu stellen, ist regelmäßig Gottes Wort zu lesen. Leider lesen aber immer weniger Christen selbst regelmäßig die Bibel. Seit Jahren beobachten theologische Ausbildungsstätten, dass die Bibelkenntnisse immer schwächer werden. Immer weniger Christinnen und Christen haben die Bibel je von Deckel zu Deckel gelesen. Wir brauchen unbedingt wieder Mut, die Wichtigkeit der Bibelkenntnisse neu zu betonen. Wir brauchen Weisheit, wie wir Menschen wieder Gottes Wort nahebringen können. Dafür brauchen wir Menschen in Verantwortung, die diese Überzeugung neu ernstnehmen und sich in Gemeinden und Werken genau dafür einsetzen.
Ich möchte mutig bleiben
Wir Menschen können Mut und Stärke nicht produzieren. Im Vertrauen auf Gott kann aber jeder Mensch mutig und stark sein. Welche Herausforderungen Gott und unsere Mitmenschen uns zutrauen, wird das Leben zeigen. Ganz so wie Gottes Geist es führt. Dass ich heute am Theologischen Seminar als Rektor im Dienst stehe und als Stiftungsvorstand die Neuausrichtung maßgeblich mitgestalte, erfordert immer wieder neu Mut und Stärke. Die Aufgaben sind vielfältig. Wie zum Beispiel die Überarbeitung und Einführung des neuen Logos. Mehr zu den Hintergründen dazu im Beitrag auf der nächsten Seite.
Ich möchte in meinem Dienst mutig und stark bleiben, indem ich aus Gottes Geist, verankert in seinem Wort, den Menschen diene und meine Kraft in die Erfüllung der mir anvertrauten Aufgabe setze. Letztlich geht es nicht um mich. Ich bin Teil von Adelshofen, und wir sind Teil der einen, heiligen, christlichen und apostolischen Kirche Gottes, die den Auftrag hat, Gott zu lieben und Menschen zu lieben. Und ja, dass erfordert Mut und Stärke.
Dr. Jürgen Schulz, verheiratet mit Lydia und Vater von vier Kindern, ist seit Januar 2023 Rektor des Theologischen Seminars Adelshofen. Er hat eine tiefe Liebe zur Gemeinde, eine Leidenschaft für das Alte Testament und meint: geht nicht, gibt’s nicht!
[1] Josua 1, die Verse 6, 7 und 9
[2] 4.Mose 14,6
[3] 4.Mose 27,18
[4] 5.Mose 34,9
[5] 1.Korinther 14,12
[6] Josua 1,1-4
[7] Vers 5-6
[8] Vers 18
[9] Vers 7-8