Was macht eigentlich das Schaf?
Es sind bisweilen sehr skurrile Gedanken und Fragen, die einem kommen, wenn man sich mit der Nachfolge befasst. Skurril. Und außerordentlich wertvoll. Bernhard Fiebich hat seinen ganz eigenen Zugang zum persönlichen Unterwegs sein an der Seite Jesu und lässt uns daran teilhaben.
Als ich 2007 ins Lebenszentrum kam, zeigte mir Br. Heinz das große Gelände. Schon nach der Hälfte wurde mir ganz schwindlig, als ich nur daran dachte, dass ich hier sein Nachfolger als Gärtner werden sollte. Der Nachfolger, um den er schon so lange gebetet hatte!
Ich hatte in meinem Leben schon einige Stunden in Gärten verbracht. Pflanzen und Ernten, Rasenmähen und Sträucherschneiden, das alles war mir nicht völlig fremd, aber für ein so großes Gelände wie in Adelshofen war ich noch nie verantwortlich. Mir war klar, dass mehrere hundert Augenpaare im Laufe des Alltags mein Tun begutachten werden. Wohlwollend. Aber auch kritisch. Es waren große Fußstapfen, in die ich da treten würde. Damals dachte ich: Wenn Br. Heinz es kann, dann ist es zumindest möglich. Ob ich das kann, wird sich zeigen.
Das erste halbe Jahr lief ich an Br. Heinz Seite. Danach war ich dann der Teamleiter und wir besprachen die Aufgaben der Woche gemeinsam. Mehr und mehr zog sich Br. Heinz zurück und ließ mich machen. Manchmal lobend, manchmal mahnend, entließ er mich in meine Verantwortung. Manchen Weg musste ich allein gehen, manchen Weg neu finden. Bis zum Jahr 2008 hatte er zum Beispiel noch nie etwas vom Buchsbaumzünsler gehört. Und ein Bewässerungssystem fürs Gewächshaus oder den Vorplatz war in seinem Horizont kaum bis nicht vorstellbar. Doch er ließ mich machen und meine Erfahrungen sammeln. Heute haben wir keine Buchsbäume mehr, aber wir haben ein funktionierendes Gießsystem.
Ich habe viel von Br. Heinz gelernt. Auch, dass Fehlermachen dazugehört. Wenn heute mein Jahresteam zwar willig ist, aber nicht alles so ganz klappt, denke ich oft an ihn und erinnere mich daran, nicht gleich unruhig zu werden, sondern nachzufragen und ihnen meine Hilfe anzubieten. Oft sehe ich doch schon, wo das Problem liegt. Ich kann Tipps geben. Aber ich kann ihnen nicht meine Erfahrung weitergeben. Jeder lernt immer am meisten aus seinen eigenen Erfahrungen. Das weiß ich nicht erst seit Br. Heinz, aber er war und ist mir ein großes Vorbild darin geworden, diese Weisheit ins Leben zu implementieren. Ja, er konnte kritisch sein, aber er ging immer die zweite Meile mit mir mit. Wenn ich ihn um Hilfe bat, dann half er mir mit dem Schatz seiner Erfahrung.
Br. Heinz lebte nach dem Grundsatz, dass man das Praktische und das Geistliche im Leben nicht trennen kann. Der Glaube müsse praktisch werden, sagte er immer. Damit half er mir zu begreifen: Nachfolge Jesu geschieht auch darin, dass man geistliche Prinzipien aus der Bibel ableitet und ins Leben überträgt. Wir brauchen Vorbilder. Menschen, die nicht perfekt sind, die uns aber doch weiterbringen, auch geistlich. Und sei es nur an einem einzigen Punkt. Jemand stellte mal die Frage: Was tut eigentlich das Schaf in Psalm 23? Es war mir bis dahin nie wirklich aufgefallen, aber das Schaf tut nichts. David zählt ausnahmslos Aktivitäten des Hirten auf. Das Schaf wird nur als Empfänger seiner Fürsorge erwähnt. Wieder war eine weitere geistliche Wahrheit in meinem Verstand angekommen, wieder hatte mir einer auf die Sprünge geholfen, wieder kam ich ein Stück weiter auf dem Weg mit Jesus. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Bernhard Fiebich ist verheiratet mit Sigrid, Vater von zwei Töchtern, selfmade Gärtner, spielt gern Tischtennis und hat die Bibelschule Brake absolviert.