Alle immer willkommen?
Schön wär´s ja schon, wenn das stimmen würde. Also nicht nur in der Theorie, sondern auch im ganz grauen und gemächlichen Alltag. Caro Mauer und Siggi Waldmann haben sich der Frage aus der Perspektive „Jugendarbeit“ genähert, erklären, wie die Bibel zu dem Thema steht und was das ganze mit dem Update-Jugendseminar zu tun hat, das wir jährlich anbieten.
Siggi: Ein „Herzlich-Willkommen-Schild“ findet sich an vielen Türen von Gemeindehäusern. Aber stimmt das wirklich für alle unsere Angebote? Oder sind nur die scheinbar Braven willkommen? Oder nur die mit einem gewissen Bildungsabschluss, einem bestimmten Vorwissen oder die, die sich auch Freizeiten leisten können? Die Jahreslosung lädt zum Nachdenken ein. Für eine gesunde Entwicklung brauchen junge Menschen einen Ort, an dem sie angenommen sind, wie sie sind. Wo ist dieser Ort? Die vollkommene, bedingungslose Annahme bieten die offenen Arme unseres himmlischen Vaters. Diese leistungsfreie Liebe wird von den Mitarbeitenden genauso gebraucht. Auf dieser Grundlage können wir und Andere auch in unserer Einzigartigkeit besser angenommen werden. Aber wie kann dieses „herzlich willkommen“ aus tiefstem Herzen sichtbar und erfahrbar werden? Wie kann das Kindern und Jugendlichen vermittelt werden? Verschiedene Faktoren können dabei eine Rolle spielen, die wir unter anderem bei unserem jährlich stattfindenden „Update-Mitarbeiterseminar“ immer wieder neu vermitteln und nun kurz beleuchten.
Vorbilder im Glauben
Kinder brauchen Vorbilder. Das gibt Sicherheit. Vor allem für nicht christlich sozialisierte Kinder ist die generationsübergreifende Gemeinde ein großer Schatz. Das bringt mich zum Nachdenken: Wer war, beziehungsweise ist mein Glaubensvorbild? Und für wen bin ich ein Glaubensvorbild? Als Mitarbeiter im Reich Gottes bin ich das. Beim Update beschäftigen wir uns darum intensiv damit. Kinder nehmen war, ob meine Andacht zu meinem Leben passt. Sie sehen, wie ich mit der Angestellten im Supermarkt umgehe oder mich verhalte, wenn ich beim Tischkicker-Turnier verliere. Dieses Bewusst-machen soll keinen Leistungsdruck aufrufen, der zu unehrlichem Verhalten zwingt. Es geht um Ehrlichkeit. Jugendliche suchen während der Pubertät Vorbilder außerhalb der Familie. Neben der Schule, bei Instagram, TikTok und in Vereinen finden sie auch Vorbilder in unseren Gemeinden. Schon vor Albert Banduras Durchbruch mit seiner „sozial-kognitiven Lerntheorie“ kennen Christen das Prinzip des Modellernens. In der Bibel finden wir uns dabei in guter Gesellschaft bei Josua und Mose, Elisa und Elia, Paulus und Timotheus und Jesus mit seinen Jüngern. Wenn Jesus mein Vorbild ist, heißt das dann: Ich möchte für andere ein Glaubensvorbild sein und auf IHN hinweisen.
Wir brauchen Gemeinschaft
Caro: Der Wunsch nach Beziehungen ist bei Jugendlichen mehr denn je obenauf. Gerade die Zeiten des Lockdowns haben gezeigt, dass Jugendliche nachhaltigen Glauben gerade in solchen Jugendarbeiten entwickeln, in denen ein hilfreicher Rahmen zur Pflege von Freundschaften zu Christen gegeben ist. Wo Platz für intensiven Austausch, Kleingruppen oder Zweierschaften ist, dort wächst Glaube unter Jugendlichen. In der Entwicklung meines Glaubens hat dieser Part auch eine wesentliche Rolle gespielt: die Möglichkeit, mich im Jugendkreis und auf Freizeiten mit Freunden über den Glauben auszutauschen, gemeinsam Bibel zu lesen und zu beten. Eine amerikanische Studie, die die geistliche Gesundheit junger Erwachsener untersucht hat, hat auf Platz 5 der wesentlichen Faktoren, die zu einem lebendigen Christensein beitragen, den Einfluss durch gläubige Freunde in der Kindheit und Jugend benannt.[1] Was neue Studien wie diese belegen, war schon zu biblischen Zeiten bekannt. So betont, neben vielen anderen Bibelstellen, der Hebräerbrief (10,25) die Bedeutung von Gemeinschaft für den Glauben deutlich.
Verkündigung, die nicht langweilt
Siggi: Bevor sich Kinder und Jugendliche für ein Leben mit Jesus entscheiden, sollten sie wissen, worum es geht. Wenn die biblische Botschaft die beste ist, die wir kennen, dann sollte sie doch das Highlight der Gruppenstunden sein und nicht der langweiligste Teil! Am Ende sollen die Kinder nicht mit gähnend offenem Mund, sondern mit offenen und leuchtenden Augen fragen: „Und wie geht es weiter?“ Beim Grundkurs unseres Update-Mitarbeiterseminars ist deshalb Verkündigung ein wesentlicher Baustein. Unser Anliegen ist es Mitarbeiter auszurüsten, um bibeltreu, zielorientiert, alltagsnah, spannend und überraschend von Gott zu erzählen. Fragen, die uns beschäftigen sind dabei: Was hilft bei der Vorbereitung, damit ich anschaulich erzähle, ohne die Botschaft der Geschichte zu verfälschen? Wie viel Showeffekte, Witze und persönliche Anekdoten sind dabei wirklich notwendig? Insgesamt wird klar, dass Vorbereitung viel mit mir, dem Mitarbeitenden selbst zu tun hat. Was sagt Gott mir durch den Text? Wo fordert er mich heraus? Was beschäftigt gerade meine Teilnehmenden und was könnte Gott ihnen durch den Text sagen? Verkündigung bleibt immer in einer Spannung zwischen unserer Vorbereitung, Gottes Wirken und der Reaktion der Teilnehmenden – sie ist also nie langweilig!
Bibellesen, das begeistert
Caro: Wenn wir Jugendliche mit Jesus in Kontakt zu bringen wollen, ist es wichtig, dass möglichst direkt zu tun. Sie sollen nicht nur Glaubensgedanken der Mitarbeiter hören, sondern direkt an die Quelle, in die direkte Begegnung mit Gott, geführt werden. Ein wesentlicher Aspekt davon ist, Jugendliche im eigenen Lesen der Bibel zu fördern. Paulus macht das deutlich, indem er davon spricht, dass die Bibel auf den richtigen Weg bringt und zu einem Leben nach Gottes Willen erzieht. Zusammengefasst: sie zeigt Jesus und führt in das Leben mit ihm und nach seinem Willen (2. Tim. 3, 16). „Was trägt?“ Diese große Frage stand über einer Seminareinheit des vergangenen Update-Seminars. Dabei haben wir unter anderem den Fokus darauf gelegt, wie in der Jugendarbeit eine selbstständige Bibellesepraxis Jugendlicher gefördert werden kann. Bei der bereits genannten Studie zur geistlichen Gesundheit junger Erwachsener belegt der Einfluss durch regelmäßiges Bibellesen im Jugendalter mit großem Abstand den Spitzenplatz. Konkrete Beispiel aus meiner eigenen Geschichte: auf den Jungschar- und Teenagerfreizeiten, an denen ich teilgenommen habe, war das gemeinsame Bibellesen in der Zeltgruppe fester Part im Tagesablauf. Nach der Freizeit wurde jedem, der wollte, ein Jahresabo für eine altersgerechte Bibellesezeitschrift geschenkt. So wurde bei mir regelmäßiges Bibellesen fester Lebensbestandteil. Was für ein Geschenk! Diese Investition der Gemeinde hat sich gelohnt. Nachahmenswert!
Unterwegs zu selbstständigem Glauben
Unser Anliegen endet nicht damit, dass Kinder oder Jugendliche Jesus in ihr Leben einladen. Der Wunsch ist, dass sie im Glauben wachsen und erwachsen werden. Einen lebenslang tragfähigen und leidenschaftlichen Glauben entwickeln. Wieder die Frage „Was trägt?“ Was bereits bei der Beziehung zu erwachsenen Glaubensvorbildern benannt wurde, wird in der konkreten Umsetzung im Mentoring deutlich. Heruntergebrochen: Jugendliche werden durch ältere Christen im Glauben und der Persönlichkeitsentwicklung begleitet. Auch hierzu gab es beim vergangenen Update eine intensive Seminareinheit, da gerade in den Zeiten des Lockdowns deutlich wurde, wie wichtig persönliche Begleitung ist. Der Wunsch dabei war, Mitarbeitern gutes Handwerkzeug zur Verfügung zu stellen, mit dem sie Jugendliche begleiten können.
Siggi: Das Willkommen sein bei Gott kann also bestärkt werden durch Glaubensvorbilder, Gemeinschaft, in klarer Verkündigung, durchs begeisterte Bibellesen und im Ermutigen zum selbstständigen Glauben. Wie und wann sich Gott aber Menschen zeigt, bleibt jedoch ein Geheimnis (1. Tim 3,16). Damit ist es immer ein Vorrecht, Teil davon zu sein, wenn sich Kinder und Jugendliche von Jesus einladen lassen. Manchmal sehen wir von unserer „Säh-Arbeit“ weniger. Wie auch immer es uns geht: Die Einladung steht ja auch für uns. Wir dürfen bei Jesus ankommen, hinhören und ihm erzählen, was uns beschäftigt in Bezug auf die Kinder und Jugendliche unserer Gemeinde.
Caro Maurer ist Gemeindepädagogin und studierte von 2013 bis 2017 am TSA, 2021 kam sie zurück nach Adelshofen und arbeitet vorwiegend mit Kindern und Jugendlichen.
Siggi Waldmann ist unter anderem verantwortlich für den Erlebnisgarten im LZA und liebt es, mit tollen Leuten draußen unterwegs zu sein und dabei starke Erfahrungen zu machen.
[1] Nothing Less: Engaging Kids in a Lifetime of Faith 2019